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Offener Brief zur Situation der Oberschule Regis-Breitingen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

bereits mit meinem Brief vom 14.02.2019 habe ich auf die prekäre Situation unserer Oberschule hingewiesen. Seit dieser Zeit hat sich diesbezüglich nichts verändert.

Der durch die falsche Schulnetzplanung der letzten 25 Jahre entstandene Reparaturstau ist so erheblich, dass eine grundlegende Sanierung notwendig ist. Um den heutigen Anforderungen an den Schulbetrieb Rechnung zu tragen, wäre auch ein Anbau notwendig, da bestehende Klassenzimmer durch das Zusammenlegen von Zimmern vergrößert werden müssen und dadurch neue Klassenzimmer benötigt werden, um die notwendige Anzahl an Räumen zur Verfügung stellen zu können. Das wurde auch bei einer Besichtigung mit Herrn Paulig (Schulnetzplanung) und Herrn Fohmann (Schulhausbauförderung) so bestätigt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Schulbautyp der DDR aus dem Jahr 1969 nur schwer zu sanieren ist und ein Neubau sinnvoller wäre.

Einen geeigneten Bauplatz für einen Neubau kann die Stadt Regis-Breitingen zur Verfügung stellen. Allerdings ist es einer Kommune mit 4000 Einwohnern und keiner ortsansässigen Industrie nicht möglich, diesen Neubau mit einem Investitionsaufwand von mindestens 12 Mio. Euro bei einer Förderquote von 60% zu finanzieren.

In den letzten 30 Jahren sind alle Mittel für die Erhaltung des Gebäudes und die Sicherstellung aller Vorgaben und Auflagen im Wesentlichen aus dem Haushalt der Kommune getragen worden. Durch den Beobachtungsstatus war eine Beantragung von Fördermitteln nicht möglich.

Die Zuweisung des Landes pro Schüler ist auch seit Jahren nicht mehr kostendeckend und die Stadt muss seit vielen Jahren zusätzliche Mittel aus ihrem Haushalt zum Betrieb der Schule bereitstellen. Das sind Mittel, die uns als Eigenmittel für notwendige Investitionen fehlen.

Unsere Schule wird seit Jahren zunehmend auch von Kindern angrenzender Kommunen wie Neukieritzsch und der Kreisstadt Borna genutzt. Diese Quote liegt mittlerweile bei 45% und wird demnächst 50% erreichen. Durch das sächsische Schulgesetz sind diese Kommunen nicht verpflichtet, sich an den für ihre Kinder entstehenden Kosten zu beteiligen, und das ist aus Sicht unserer Gemeinde nicht länger akzeptabel.

Wir haben uns als Förderverein, gemeinsam mit der Stadtverwaltung, mehrfach bemüht und das Gespräch mit den beiden Kommunen und dem Landratsamt Borna gesucht, um eine Lösung für dieses Problem zu finden. Leider sind beide Kommunen nicht bereit sich sowohl an Investitionen als auch an den laufenden Kosten für den Betrieb der Schule zu beteiligen.

Im Schulgesetz steht, dass die Kommunen die Träger der Schulen sind. Es steht aber nicht im Gesetz, dass eine Kommune, auf deren Territorium eine Schule steht, auch für die Kinder aus anderen Kommunen finanziell aufkommen muss. Hier hat es der Gesetzgeber versäumt eine Ausgleichsregelung festzusetzen, wie es bei Kindergärten beispielsweise üblich ist. Es besteht bei unseren Mitgliedern im Förderverein, den Stadträten und bei vielen Einwohnern kein Verständnis mehr, dass unsere knappen Haushaltsmittel für eine Aufgabe ausgegeben werden müssen, die zum Teil Aufgabe anderer Kommunen und auch des Landes sind. Da Bildung in der Bundesrepublik Deutschland Ländersache ist, sollte der Freistaat Sachsen zu seinen Planungsfehlern der letzten Jahrzehnte stehen und gemeinsam mit dem Landratsamt konstruktiv an einer Lösung arbeiten. Wir haben sowohl der Gemeinde Neukieritzsch als auch der Stadt Borna und dem Landratsamt die Trägerschaft der Schule angeboten. Beide Kommunen haben bereits abgelehnt. Eine offizielle Absage des Landratsamtes fehlt zwar noch, ist aber auch nur eine Formsache, weil der Kreistag Corona bedingt den notwendigen Beschluss noch nicht fassen konnte. Der Beschlussentwurf sieht vor, die Übernahme der Trägerschaft wegen der zu erwartenden Kosten nicht leisten zu können. Es ist schon skurril, dass aus Sicht der Landesregierung eine kleine Kommune diese Kosten stemmen kann, ein Landkreis aber wegen zu hohen Kosten ablehnt.

Die Stadt Regis-Breitingen ist nun gezwungen einen Weiterbetrieb der Schule im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zu realisieren. Dabei liegt der Fokus erst einmal auf einer energetischen Sanierung, um die Betriebskosten zu senken. Auch hier sind wir natürlich auf eine wohlwollende Beurteilung der in Frage kommenden Fördertöpfe angewiesen. Eine Förderung über den Schulhausbau mit 60% würde schon bei dieser Maßnahme das Budget sprengen, deshalb muss unbedingt nach einer besseren Förderquote gesucht werden.

Das Schulgebäude müsste bei laufendem Schulbetrieb saniert werden, da eine Auslagerung (Containerschule etc.) aus Kostengründen nicht möglich ist. Die Schule ist derzeit zu 100% ausgelastet. Deshalb ist für die Sanierung im laufenden Schulbetrieb sicher eine Umstellung auf einen einzügigen Schulbetrieb befristet notwendig, weil die Klassenzimmer heute schon kaum ausreichen. Dabei stellt sich die Frage, wohin mit den Kindern, die während dieser Zeit nicht in Regis-Breitingen beschult werden können? Dieser, unserer Stadt, aufgezwungen Weg führt auf keinen Fall zu einem Schulgebäude, dass den derzeitigen Standards entspricht und wird für lange Zeit die Schüler unserer Region benachteiligen. Von den somit schlecht investierten und mühsam abgesparten Finanzmitteln könnte sicher, mit einer Unterstützung durch Freistaat, Landkreis und den anderen beiden Kommunen, viel mehr für die Bildung unserer Kinder der Region erreicht werden.

Es wurde lange im Stadtrat diskutiert, ob die Sanierung auf Minimalniveau der richtige Weg sei; leider bleibt der Stadt aber keine andere Wahl. Der derzeitige Zustand kann im Interesse unserer Kinder (und auch ortsfremder Kinder) und im Interesse der Umwelt (Dämmung Dach und Fassade, undichte Fenster) nicht länger aufrechterhalten werden.

Regis-Breitingen hat mit seinen Haushaltsmitteln immer solide gewirtschaftet. Unser Ort am westlichen Rand Sachsens, an der Grenze Thüringens präsentiert sich sauber und sehr ansehnlich. Die Verschuldung liegt unter dem sächsischen Durchschnitt. Es kann deshalb nicht sein, dass uns vom Landrat bezüglich der Thematik Oberschule eine Eingemeindung nahegelegt wird und die beiden angrenzenden Kommunen schon darauf warten, selbst aber nicht bereit sind, etwas für ihre Kinder in unserer Oberschule zu tun.

Unsere Stadt kann ohne die enorme Kostenbelastung durch die Oberschule eigenständig bleiben und es sind sich parteiübergreifend alle Stadträte einig, dass wird das auch in Zukunft bleiben wollen. Deshalb erwarten wir von der Landesregierung und vom Landratsamt eine Lösung, da das Problem durch die Sparpolitik der Landesregierung und die fehlerhafte Schulnetzplanung des Landkreises entstanden ist.

Bildung ist Ländersache und dieser Verantwortung sollte der Freistaat Sachsen endlich stellen.

Im Interesse der Bildungsgleichheit und Sicherheit unserer Kinder können wir die Lösung des Problems nicht länger verschieben und erwarten eine baldige und wirkliche Unterstützung und nicht nur gut gemeinte Ratschläge und Lippenbekenntnisse.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmer, ich habe Sie schon einmal in unsere schöne Stadt im letzten Zipfel von Sachsen eingeladen – damals zum 50-jährigen Jubiläum unserer Schule. Dieses Jahr besteht die Schule nun schon 52 Jahre und die Problematik ist immer noch die gleiche. Auch wenn wir diesmal keine Festveranstaltung haben werden, so hoffe ich dennoch sehr, dass es Ihr Zeitplan und die Pandemie zulassen und Sie unserer Stadt einen kurzen Besuch abstatten können.

Mit freundlichen Grüßen
Förderverein der Oberschule Regis-Breitingen

Mario Fritzsche
Stellv. Vorsitzender & Stadtrat

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